Die Brauerei-Anlage
Der preußische Staat begann im 18. Jahrhundert die Verkehrsverhältnisse zu verbessern indem er die Straßen befestigte. Auch die heutige Hauptstr. in Bochum-Langendreer sollte in diesen Genuss kommen. Sie beginnt in Witten, führt durch Langendreer dann weiter über Castrop Rauxel Richtung Münster. Johann Wilhelm Müser erkannte die Zeichen der Zeit und baute an dieser Straße, am damaligen Ortseingang (heute Hauptstr. 205), sein Haus und errichtete einen Brennereibetrieb. Viele Reisenden kehrten dort ein um ihren Durst zu löschen. So gehörte zu Müsers Branntweinbrennerei auch bald eine Schankwirtschaft, in der er auch Bier angeboten hat. Seinerzeit gab es aber keine Großbrauereien, die das Bier an Gaststätten lieferten und so wurde es im land- oder hauswirtschaftlichen Betrieb hergestellt. J. W. Müser gründete 1806 seine Brauerei. Sein Betrieb wächst beträchtlich. Im Jahre 1813 ist noch ein 5-Personenhaushalt mit 2 Stück Hornvieh im Einwohnerverzeichnis eingetragen, dreißig Jahre später, 1843, sind es dann sieben erwachsenen Familienmitglieder und zehn Bedienstete.
Die beiden Söhne Wilhelm und Heinrich Müser gründeten im Jahre 1866 die "Dampfbrauerei Gebr. Müser". Der Einsatz der Dampfmaschine zwang sie dazu das erste eigentliche Brauereigebäude, ein rechteckiges, ca. 17 m langes und 12 m breites Gebäude, zu errichteten. Zehn Jahre später, 1875, wurde zusätzlich ein ca. 33 m x 17 m großes Gebäude quer zu dem Altbau errichtet. Um weiteres Kapital in die Firma zu bekommen, wurde 1882 die „Bierbrauerei Gebr. Müser KG“ gegründet. Durch den rasanten Aufstieg wurden die beiden Brauereigebäude abgebrochen und an ihrer Stelle eine großzügige, aus mehreren Bauten bestehende Betriebsanlage, errichtet, zu der 1885/86 weitere Ergänzungsbauten hinzu kamen.
Die Familie zog 1900 von dem alten Stammhaus in die Villa, südlich des Brauereigeländes, auf einer Anhöhe an der Hauptstr. liegend. Diese existiert heute noch und wurde 1958 zum Stammhaus der Rudolf-Steiner-Schule.
Im Jahre 1891 wurde die Brauerei in "Bierbrauerei Gebr. Müser AG" umbenannt und die Produktionsstätte Ende des 19. Jahrhunderts erweitert. So besaß sie mittlerweile fünf Lager- und einen großen Gärkeller, ein Sudwerk mit Kühlschiff und Transmissionsanlage und die Schankhalle. Die gesamte Anlage war auf eine Produktionsfähigkeit von 200.000 hl. ausgelegt. Rund 130 Mitarbeiter beschäftigte die Brauerei.Ihr Absatzgebiet erstreckte sich über Nordrhein-Westfalen hinaus nach Hessen, Niedersachsen und Belgien. Für den Transport in die nähere Umgebung sorgte 1908 ein brauereieigener Fuhrpark von 80 Pferden, einer Anzahl Bierwagen und 2 Lastautomobilen; den Versand in die weiter entfernten Absatzgebiete übernahmen 26 brauereieigene Eisenbahn-Biertransportwagen.
An der Westseite der Hauptstraße waren die Sudhausanlagen mit den darüber befindlichen Malzspeicher, die Lagerräume des bis auf die Schrotung gebrauchsfertigen Malzes, das von hier aus in die Schrotmühle kam, die mit vier Dampfmaschinen bestückte Maschinenhalle, ein Kesselhaus mit 50 m hohem Schornstein sowie Speicher-, Abfüllung andere Betriebshallen entstanden. Sie umgaben den rund 1300 qm großen Innenhof, der »mit seiner die ganze Tiefe und Breite überspannenden, eisernen Überdachung einen imponierenden Eindruck« machte. Betreten wurde dieser durch ein mehr als 17 m breites stattliches Hauptportal. Gegenüber, an der Ostseite der Hauptstraße, sind das bis heute erhaltene Verwaltungsgebäude und dahinter die Pferdeställe der Brauerei entstanden.
In der zweiten Hälfte der 20er Jahre wurde die Anlage ein letztes Mal erneuert. Zwischen 1925 und 1928 entstanden das imposante Kesselhaus und das heute noch vorhandene stufenförmige Sudhaus. Die letzte Umfirmierung vor dem Verkauf fand 1938 in die „Müser-Brauerei AG“ statt. Im Jahre 1961 wurde dann die Müser-Brauerei an die Schultheiß Brauerei verkauft. Diese ging in die Dortmunder Unionbrauerei über und am 1. Juli 1975 wurde der Braubetrieb stillgelegt. Die Anlage wurde an eine Supermarktkette verkauft, die große Teile abreißen ließ. Nur der Sudhaus-Turm ist stehen geblieben.